chronik der fendt von oberdorf





Die schwere Kindheit des Vario-Getriebes
der Firma X. Fendt & Co.

Persönliche Erinnerungen von Prof. Dr. Heinrich Fendt
Januar 2008


Nichts auf der Welt ist mächtiger als
eine Idee, deren Zeit gekommen ist.

Viktor Hugo

Bereits in den 60er Jahren beschäftigte sich der 1936 in Marktoberdorf geborene Maschinen­bautechniker Hans Marschall - in seiner Freizeit und später auch beruflich bei der Fa. X. Fendt & Co. - mit Konzepten für stufenlose hydrostatische Traktorgetriebe. Ehrgeizig verfolgte er dabei das Ziel, Traktorenarbeit bei stufenloser Anpassung der Geschwindigkeit bis an die Leistungsgrenze ganz ohne Zugkraft­unterbrechung möglich zu machen. Von Beginn an war Marschall mit hausinternen Bedenken und Widerständen sowie Vorbehalten aus der Fachwelt konfrontiert. So wurden insbesondere die Stabilität des Wirkungsgrad­verlaufs über einen genügend großen Regelbereich und vor allem im Volllastbereich, ein unausgewogenes Leistungsgewicht sowie die starken Belastungs­geräusche stufenloser Getriebe als Probleme gesehen.

Gegen all diese Einwände kämpfte der Maschinen­bautechniker unbeirrt an und formulierte das Anforderungsprofil für ein neues Getriebekonzept wie folgt:

a) Der Wirkungs­gradverlauf im Voll­leistungs­fahrbereich zwischen 5-30 km/h liegt bei mindestens 90%.
b) Das maximale Ausgangsmoment steht bei ca. 5 km/h ab V = 0 zur Verfügung, um eine Anfahrzugkraft an der Rutschgrenze zu gewähr­leisten.
c) Der gesamte Geschwindigkeitsbereich von ca. 15 km/h bei Rückwärtsfahrt über V=0 bis zu einer Vorwärts­geschwindigkeit von ca. 30 km/h ist vom Regel­bereich des stufenlosen Getriebes überdeckt; mechanische Schaltstufen sollen möglichst entfallen.
d) Die Bauform entspricht der üblichen T-Form mechanischer Schlepper­achsgetriebe.


Marschall löste diese Herkulesaufgabe mit Bravour und präsentierte 1973 ein technisch anspruchsvolles Konzept eines stufenlosen hydrostatisch-mechanischen Leistungs­verzweigungs­antriebes, das am 13.07.1973 von der Firma Xaver Fendt & Co. unter dem Titel „hydrostatisch-mechanischer Antrieb für land- und bauwirtschaftlich genutzte Fahrzeuge“ zum Patent DE 2335629 [1] angemeldet wurde (1). Der dort genannte Einzelerfinder: Hans Marschall.

Es folgten Jahre langwieriger Versuche und stetiger Verbesserungen mit diversen Versuchsgetrieben der firmeninternen Bezeichnung Tristat. Zum Jahreswechsel 1981/82 stellte Marschall schließlich einen Prototyp vor, der auch für viele der Kritiker „überraschend gut funktionierte“. Das Getriebe hatte als Basis eine Schwenkpumpe und zwei Schwenkmotoren, wobei damals nur Volvo-Hydraulikmaschinen mit sphärischen Kolben in Frage kamen, weil nur sie Schwenkwinkel bis zu 45° zuließen. Diese Maschinen erlaubten durch Primär- und Sekundärverstellung eine stufenlose Geschwindigkeitswahl zwischen 0 und 40 km/h. Die Hydrostateinheiten erzielten im Bestpunkt Wirkungsgrade von mehr als 95% und Marschall reizte alles technisch Machbare aus, um diese Maschinen optimal in sein Getriebe zu integrieren. So durchbohrte er Pumpenstößel, um eine bessere Schmierung zu erreichen, und ordnete die beiden Hydro-Motoren einander gegenüberliegend so geschickt an, dass sich deren innere Lagerreibung wechselseitig aufhob. Im Neutralzustand liefen die Motoren damit praktisch ohne Reibungsverlust. Dadurch ergaben sich für das Gesamtgetriebe trotz des hohen hydrostatischen Leistungsanteils beeindruckende Wirkungsgrade.

Im Zuge eines versuchsweisen Einbaus des Tristat-Antriebs in einen Schlepper konnte dieser im direkten Leistungsvergleich mit einem Favorit 615 LS (FWA 285 S) dann auch seine ganze Überlegenheit zeigen. Das damals erstellte Zugkraftvergleichsdiagramm belegt dies eindrucksvoll [2]. Die Wirkungsgrade in den Fahrstufen 1 und 2 mit Fahrgeschwindigkeiten von 0 bis 40 km/h liegen stabil zwischen 86% und 87%. Diese Leistungsdaten wurden damals als geradezu spektakulär empfunden. Auch wird erzählt, dass der auf 300 PS ausgelegte Prüfstand in der Fendtschen Versuchsabteilung dem enormen Leistungsvermöen des Getriebes nicht mehr gewachsen war und „heiß“ lief. Doch selbst diese überaus ermutigenden Testergebnisse verhalfen dem revolutionären Antrieb nicht zur Aufnahme in den Entwicklungsplan der Firma. Entgegen der von Marschall so sehr erhofften Priorisierung des Tristat setzten die für die Getriebeentwicklung verantwortlichen Abteilungsleiter der Fa. X. Fendt andere Akzente (P7-Getriebe, 3500er ZF-Getriebe) und waren von Marschalls Konzept noch immer nicht überzeugt. So schickte der damalige technische Direktor der Entwicklungsabteilung die Konstruktionszeichnungen des Tristat zur Begutachtung sogar an die ZF Friedrichshafen und zur Technischen Universität Braunschweig. Dieser "Geheimnisverrat" führte dann allerdings zur fristlosen Entlassung. Gestützt auf ihre organisatorische und informelle Vernetzung auf der mittleren Führungsebene übten die damaligen Akteure ihren fachlichen Einfluss auch auf Dr. Hermann Fendt aus, so dass das ursprünglich für die Favorit-Reihe bis 300PS vorgesehene Tristat-Getriebe schließlich - verpackt in einer Holzkiste - im Keller der Versuchsabteilung verschwand.

Nun völlig auf sich allein gestellt verfolgte Marschall sein visionäres Konzept jedoch beharrlich weiter und kämpfte um Anerkennung und Unterstützung seiner Vorgesetzten sowie der Geschäftsleitung. So versuchte er bereits 1980 über Dipl.-Kfm. Peter Fendt, dem ältesten Sohn von Dr. Hermann Fendt, Einfluss auf dessen Vater zu nehmen, um eine Aufnahme seines Getriebes in den offiziellen Entwicklungsplan der Firma zu erreichen. Dies wurde von Dr. Hermann Fendt jedoch energisch abgelehnt, sollte doch zunächst die Farmer 300er Serie Vorrang in der Entwicklung haben. Als sich die Gebrüder Fendt 1981 aus der Geschäftsleitung zurück zogen, ließ der neu installierte Vorsitzende, Dr. Ahrens, noch ein Dossier anfertigen, in dem ausführlich dargelegt wurde, weshalb das Tristat-Getriebe im Hause X. Fendt keine Zukunft haben wird. Damit schien das innovative Getriebekonzept von Marschall endgültig ad acta gelegt (so auch Peter Fendt, Das Ende eines Familienunternehmens, 2007, S. 27).

Als Geschäftsführer des Seilwindenherstellers Schlang & Reichart (S&R) holte Peter Fendt 1986 mit Christian Rummel einen jungen Entwicklungsingenieur von X. Fendt als Vertriebseiter und Prokuristen zu sich in die Firma. Da Rummel die Fendtschen Verhältnisse sowie die firmenpolitische Blockadehaltung der FuE-Verantwortlichen gegenüber dem Tristat-Getriebe aus eigenem Erleben bestens kannte, reifte bei S&R der Gedanke, den Tristat-Antrieb - zusammen mit Marschall - selbst bis zur Serienreife zu entwickeln. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch aufgrund der unzureichenden finanziellen Mittel und des unkalkulierbaren Risikos einer späteren Alleinvermarktung. Außerdem fehlte es an der Bereitschaft seitens der Fa. X. Fendt, die Prüfstände für weitere Versuche zur Verfügung zu stellen. So trat Rummel Ende 1987 zusammen mit einem verzweifelten und gesundheitlich bereits schwer angeschlagenen Hans Marschall mit der Bitte an mich heran, bei meinem Großonkel, Dr. Hermann Fendt, für Marschalls Ideen und Visionen zu werben. Dessen Einfluss auf die technische Führung des Hauses Fendt war auch nach seinem Ausscheiden aus der Geschäftsleitung ungebrochen. Zwar hatte ich mit der Fa. X. Fendt keine direkten Berührungen, so war die Kontaktaufnahme dennoch klug gewählt, galt ich zu dieser Zeit als Pionier der Strategischen Patentanalyse - einer patentdatenbasierten Methode zur Früherkennung technischer Entwicklungsmuster und -trends - belegt durch zahlreiche Veröffentlichungen [zB 3 4 5]. Auch meine ehemals leitende Position als Senior Consultant für Technologiemanagement und Technology-Screening am Battelle-Institut in Frankfurt - einem renommierten US-amerikanischen Auftragsforschungsinstitut - war den Beiden bekannt und machte mich für sie zum idealen „Türöffner“ bei meinem Großonkel. Dass dieser Weg erfolgreich sein könnte, war insbesondere die Hoffnung von Rummel, der mit mir wiederholt über die ungenutzten Marktchancen in Verbindung mit dem Marschallgetriebe gesprochen hatte. Rummel war fest davon nüberzeugt, dass die Firma X. Fendt mit diesem Getriebekonzept längst auch zum größten deutschen Getriebehersteller hätte werden können. Nur die internen Machtkämpfe und Rangeleien standen dieser aussichtsreichen Diversifikation entgegen.

Am Abend des 13. November 1986 hatte ich dann mit Marschall ein längeres Gespräch in seinem Haus. Ausführlich und voller Begeisterung schilderte er die wesentlichen Vorzüge seines Tristat und wies auf ein nach seiner Ansicht gewaltiges Entwicklungs- und Vermarktungspotenzial hin. Auch sprach er über die durchgeführten Prüftandsversuche mit den vielversprechenden Ergebnissen sowie über die eher ablehnende Haltung der Fa. ZF Friedrichshafen gegenüber stufenlosen hydrostatischen Getrieben. Großes Lob zollte er den seiner Meinung nach maßgeschneiderten Hydraulikmaschinen der Fa. Volvo als den wesentlichen Komponenten seines Konzeptes. Wir dikutierten ein Zugkraftvergeichsdiagramm von Tristat vs. Favorit 615 LS [2], Wirkungsgradverläufe, Leistungsgewichte, technische Details und die noch zu lösenden Kernprobleme des damals noch eingelagerten Tristat-Getriebes. Marschall schilderte zudem ausführlich das Widerstandssystem im Hause Fendt sowie das Geflecht von Partikularinteressen, in dem er seine Idee gefangen sah. Dies war ganz offensichtlich das Bollwerk, das es zu überwinden galt. Am Ende des Gedankenaustausches übergab er mir einige Unterlagen für eigene Recherchen.

Vor dem Hintergrund dieses Gesprächs führte ich zunächst eine Patentanalyse über die Fa. X. Fendt & Co. auf der Datenbasis von 62 Patenten [6] sowie eine Potenzialanalyse zu hydrostatisch-mechanischen Antrieben durch. Zudem stellte ich Recherchen zum Marschallpatent und dessen Vernetzung in Literatur und Patentbasis an und holte Rat und Bewertungen von Fachkollegen ein. Auch dabei zeichnete sich ein überaus interessantes Entwicklungs- und Verwertungspotenzial des Tristat-Konzeptes ab, insbesondere unter Nutzung modernster Sensortechnik und Steuerungselektronik. Diese Einschätzungen deckten sich auch weitgehend mit jenen von Marschall und Rummel. Damit war klar, dass dieses Getriebe eine Chance auf Fortführung der Entwicklung erhalten musste, zumal die wesentlichen konstruktiven und prüftechnischen Vorarbeiten bereits erbracht waren.

Wollte ich in dieser Sache nun etwas bewegen, musste ich mir bei meinem Großonkel Gehör verschaffen und das zu einem „Reizthema“, das für ihn und vor allem für die Firma X. Fendt längst erledigt war. Auch wusste ich, dass Dr. Hermann Fendt sich gegen alle Versuche, das Getriebe in der Entwicklung zu priorisieren, stets zur Wehr gesetzt hatte. Und diese ablehnende Haltung ging ganz wesentlich auf den Einfluss seiner Führungskräfte in der Entwicklung zurück. Vor diesem Hintergrund schrieb ich meinem Großonkel am 30.11.1986 einen Brief, der mich zumindest ins Gespräch mit ihm bringen sollte. Darin sprach ich ihn explizit auf das Marschallpatent an und legte dem Schreiben meine aktuelle Publikation zum Thema "Strategische Patentanalyse" sowie die Auswertungen der durchgeführten Patentanalyse bei. Dieses Schreiben verfehlte die beabsichtigte Wirkung nicht und weckte das Interesse des Großonkels, der sich mit Schreiben vom 8.12.1986 umgehend bedankte und Gesprächsbereitschaft zu den angesprochenen Themen signalisierte [7]. Die Tür zum persönlichen Gedankenaustausch über das Tristat-Getriebe stand damit offen.

Während der Weihnachtstage 1986 trafen wir uns zweimal zu fachlichen Gesprächen. Das zweite Gespräch fand noch am Neujahrstag im seinem Haus statt. Vor dem Hintergrund meiner Beratungstätigkeit und internationalen Projekterfahrung sprach ich mit ihm über modernes Technologiemanagement, Patentanalysen und technische Früherkennungssysteme, wie sie in internationalen Konzernen zum Einsatz kommen. Zudem kommentierte und interpretierte ich die als Rohdaten vorliegende Patentsituation der Fa. X. Fendt. Mit meinen Ausführungen über das Potential von Patentschriften als Frühindikatoren technischer Entwicklungen und die organisatorische Einbettung systematischer Früherkennungssysteme bei namhaften Technologieunternehmen hatte ich seine ungeteilte Aufmerksamkeit, zumal in seiner Firma darüber ganz offensichtlich noch weitgehend Unkenntnis herrschte. Das Gespräch schuf eine Basis des Vertrauens und so konnte ich das Marschallpatent thematisch einbinden und meine Einschätzung zum Leistungs- und Entwicklungspotenzial des Getriebes im Detail vortragen. Unter Hinweis auf die sich mit dem Getriebekonzept bietende Chance auf Technologieführerschaft – dem gelebten Anspruchsdenken meines Großonkels ("Wer Fendt fährt, führt") – legte ich ihm die Fortführung der Entwicklungsarbeiten am Tristat nahe.

Ganz offensichtlich mit nachhaltigem Erfolg, denn nur kurze Zeit nach unserem letzten Gespräch am Neujahrstag 1987 wurde das Tristat-Getriebe auf Veranlassung von Dr. Hermann Fendt aus dem Lagerkeller befreit und mein Großonkel sprach sich gegenüber der Geschäftsleitung für eine Fortführung der Entwicklungsarbeiten aus. Die vom damaligen Geschäftsführer der Entwicklung, Prof. Dr. Stroppel, bereits eingeleitete Aufgabe des Patents - wegen fälliger Verlängerungsgebühren in Höhe von DM 2.000 – konnte von meinem Großonkel noch rechtzeitig verhindert werden. Vehemente Gegner des Tristat-Konzepts mutierten nach jahrelangem Widerstand in bemerkenswert kurzer Zeit zu Befürwortern und auch die verantwortlichen Entwickler gaben ihre ablehnende Haltung auf. Verklausuliert liest sich das bei Klaus Herrmann (Die Fendt-Chronik, 2006, S. 133) dann so: „Bei den Getrieben dagegen schuf er (Stroppel), gestützt auf die Rückendeckung durch Dr. Hermann Fendt, Hans Marschall Freiräume, damit dieser die Entwicklung am Getriebe werksunterstützt fortführen konnte.“ Das Tristat-Getriebe wurde tatsächlich zunächst an Marschall zur Weiterentwicklung übergeben. Dieser verstarb jedoch 53-jährig im Jahr 1989, so dass er sein Lebenswerk selbst nicht mehr vollenden konnte. Am Tristat-Konzept wurde jedoch intensiv weiterentwickelt und innerhalb kurzer Zeit standen vier Getriebeeinheiten mit Nennleistungsspannen zwischen 70 und 250 PS. Zur Würdigung des Lebenswerkes von Marschall wurden die Einheiten mit dem Kürzel „ML“ bezeichnet.

Mit der Reaktivierung dieser Konzeptidee vollzog Fendt jedoch die entscheidende Kehrtwende in der Getriebeentwicklung. Standen bis dahin noch Vielstufen-Lastschaltgetriebe mit kaum mehr handhabbaren 48 Vor- und Rückwärtsgängen im Vordergrund Fendt´scher FuE-Aktivitäten, verlagerte sich der Schwerpunkt zu Beginn der 90er Jahre konsequent in Richtung stufenloser hydrostatisch-mechanischer Leistungs­verzweigungs­getriebe ohne zusätzliche Schaltstufen. Dabei setzten nicht nur die ersten Arbeiten von Reisch, Heindl und Meyerle auf der Konzeptidee von Marschall auf. Mit der Intervention von Dr. Hermann Fendt war also der entscheidende Impuls für die unternehmerische Entscheidung zu Gunsten der Weiterentwicklung des Marschallgetriebes bis zur Serienreife erfolgt.

Nach der Neuausrichtung in den Jahren 1987/88 und dem sich abzeichnenden Durchbruch des hydrostatischen Getriebekonzeptes sonnten sich schnell viele Beteiligte, Unbeteiligte, aber auch die hartnäckigen Bremser und Blockierer im Glanz des Erfolges. Und dies lange bevor der Name von Marschall als der maßgebende Erfinder und visionäre Kopf erstmalig in einer Firmenpublikation (2) Erwähnung fand. Erst nach über 30 Jahren seit Patentanmeldung war im Fendt Programm 2007 dann zu lesen: „Die Idee zu einem stufenlosen Antrieb mit Leistungs­verzweigung gehen weit zurück. Seiner Zeit weit voraus, beschäftigte sich der Fendt-Entwicklungs­ingenieur Hans Marschall bereits in den 70er Jahren mit den ersten Konzeptideen. 1988 wurde dann die Entscheidung für die Entwicklung zur Serienreife getroffen.“ Nicht erwähnt wird, dass Hans Marschall seiner Idee seine Gesundheit und wohl auch sein Leben geopfert hat. Ohne das bedingungslose Engagement und die unbändige Beharrlichkeit von Hans Marschall und ohne mein finales Zutun hätte es im Hause Fendt vermutlich keine Vario-Entwicklung gegeben und der Tristat läge noch heute verrostet im Keller der Versuchsabteilung, dann aber wohl in einem der Firma Same (3). Die Entwicklungsarbeiten am Tristat-Getriebe wurden in den folgenden Jahren forciert und mündeten schließlich in der Serienreife des stufenlosen Vario-Getriebes, dem genialen High-Tech-Produkt von Fendt weit über die 90er Jahre hinaus. Dabei handelt es sich um das weltweit erste hydrostatisch-­leistungsverzweigte Getriebe für Off-Road-Anwendungen, das in großen Stückzahlen gebaut wurde. Ertmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurde das Vario-Getriebe 1995 auf der Agritechnica in Hannover mit dem Favorit 926, einem 260 PS starken Systemfahrzeug für Großbetriebe. Im Jahr 2000 wurde das Projekt „Stufenloses hydrostatisches-­leistungs­verzweigtes Getriebe für Traktoren“ mit dem Bayerischen Innovationspreis ausgezeichnet. Viele weitere nationale und internationale Auszeichnungen folgten.

Sie erreichen den Autor unter: kontakt@fendt.de

(1) Neuere auf dem Basispatent von Marschall fußende Entwicklungen: hier
     Schriften zur informationellen Durchdringung vernetzter Patentschriften siehe hier


(2) Auch in offiziellen Firmenveröffentlichungen wie z.B. bei Dziuba, Honzek, Neues stufenloses leistungs­verzweigtes Traktorgetriebe, 1997, wird der Erfinder Hans Marschall nicht erwähnt (http://www.blt.bmlfuw.gv.at/vero/veranst/005/17.pdf).

(3) Der italienische Traktoren-Hersteller Same bekundete bereits im Krisenjahr 1980 sein Kaufinteresse an Fendt. Entsprechende Gerüchte gab es auch im Zuge der globalen Neuordnung der Traktorenbranche in den Jahren 1996/97. Doch das Interesse der damals jungen und weitgehend unbekannten amerikanischen AGCO Corp. insbesondere am Vario-Getriebe brachte dann mit der Übernahme des Familienunternehmens im Januar 1997 eine für viele Branchenkenner überraschende Wende im Bieterwettstreit.
"Und genau dieses Getriebe … war das wichtigste Asset, warum Fendt überhaupt für den AGCO-Konzern interessant war, neben dem Markennamen Fendt." (Peter Fendt, Das Ende eines Familienunternehmens, 2007, S. 28)